Reichssturmfahne

Replikat der Reichssturmfahne mit rotem Schwenkel
Bild: David Liuzzo, Wikimedia

Schlussstein mit Adler

Schlussstein von ca. 1270 in der Bartholomäuskirche 
Bild: Werner Feil

Siegel der Stadt von 1299

Ältestes Siegel der Reichsstadt Grüningen von 1299
Bild: Hermann Römer

„Sigillum de Civium de Gruoeningen” (1313)
Bild: Hermann Römer

Stadtwappen 1472

Stadtwappen von 1472 im Chor der Bartholomäuskirche
Bild: Mechthild Fendrich

Wappen von 1535 mit grünem Schildhaupt
Bild: HStA Stuttgart

Wappen von Ampt und Vogtey Grüningen  (1596) mit fünf Sternen
Bild: Jakob Ramminger

Stadtwappen von 1710 mit blauem Schildhaupt
Bild: Johann Majer

Oberamtssiegel von 1789

Siegel des neuen Oberamts Gröningen von 1789
Quelle: Hermann Römer

Stadtwappen Marktbrunnen

Stadtwappen von 1865 am Marktbrunnen: noch ohne Schildhaupt und Sterne
Bild: Peter Fendrich 2019

Stadtflagge

Die Farben der Stadtflagge entsprechen dem Wappen
Bild: Peter Fendrich

Fahne und Wappen:
Von der Reichssturmfahne zum Wappen von Stadt, Amt und Landkreis

Im Mittelalter beanspruchten Grafen aus Schwaben das ebenso ehrenvolle, wie riskante Recht des Vorstreits und damit meist verknüpft das Privileg, den Träger der Reichssturmfahne zu stellen. Nach der „Kaiserchronik“ aus dem 12. Jahrhundert soll Karl der Große (747–814) dieses Recht seinem Schwager und Heerführer Gerold II. († 799) und dessen Nachfolgern auf alle Zeiten verliehen haben. Als Anlass gilt Gerolds Tapferkeit bei Karls Feldzug 773/774 gegen die Langobarden, wo er zum signifer regis (Fähnrich des Königs) erhoben wurde. Gerold diente damit als identitätsstiftende Persönlichkeit der schwäbischen Geschichte. In der mittelhochdeutschen Dichtung „Karl der Große“ des Strickers ist der schwäbische Graf der erklärte Liebling des Kaisers, der in verschiedenen Sagen vor allem als „Bannerträger Karls des Großen“ verherrlicht wird. Ob die Verknüpfung der Reichssturmfahne mit Grüningen bereits durch Karl den Großen vorgenommen wurde, ist allerdings ebenso wenig urkundlich belegt, wie die Überlieferung, dass Königin Hildegard († 783), die Schwester Gerolds und Ehefrau Karls, die Vorgängerkirche der Bartholomäuskirche gestiftet habe. Ein Eintrag im Lorscher Codex, in dem Gerold 794 unter anderem als Graf im Glemsgau aufgeführt wird, belegt immerhin, dass er im Umfeld Grüningens ein damals vom König verliehenes Amt bekleidete.

Ab der Jahrtausendwende sind vier aus Schwaben stammende und mit zusätzlichen Grafschaften ausgestattete Grafen Werner als Reichssturmfähnriche der Salier belegt. Die ersten beiden, Werner I. († 1040) und Werner II. († 1053), bezahlten das ehrenvolle und offenbar vererbbare Amt als „primicerius et signifer regis“ (Vorstreiter und Fähnrich des Königs) mit ihrem Leben. Zumindest Werner IV. nannte sich als Träger der Reichssturmfahne und des damit verknüpften Königslehens nach Grüningen, obwohl er andernorts mehr Besitz hatte. Er profitierte vom Bempflinger Vertrag und soll ein naher Verwandter des ersten nachweisbaren Württembergers Konrad von Württemberg gewesen sein. Vermutlich leiteten die Württemberger Grafen von diesem letzten, 1121 ohne männlichem Nachkommen verstorbenen Werner von Grüningen den stets mit großer Energie verfolgten Anspruch auf die Reichssturmfahne und das damit verknüpfte Reichslehen ab.

Der nächste belegbare Träger der Reichssturmfahne ist allerdings ein Staufer: Nachdem der als Salier-Erbe zum Gegenkönig erhobene und gescheiterte Konrad III. sich mit König Lothar von Supplinburg geeinigt hatte, begleitete er Lothar als Reichssturmfähnrich auf dessen Feldzug nach Italien. Auch wegen seiner Verdienste in diesem Amt wurde er 1138 anstelle von Lothars Sohn Heinrich erneut zum König gewählt. 1139 hielt er in der Grüninger Reichsburg einen Hoftag ab und urkundete für das Kloster Denkendorf. Unter den Zeugen finden sich die hier erstmals als Grafen bezeichneten Ludwig und Emicho von Württemberg, deren Nachkomme Konrad von Württemberg sich 1228 auf dem Kreuzzug ins Heilige Land „Graf von Grüningen“ nannte. Sein 1227 vorgenommener Namenswechsel legt nahe, dass ihn Kaiser Friedrich II. kurz zuvor mit dem 1226 erstmals Stadt genannten Grüningen und der Reichssturmfahne belehnt hatte.

Nach dem Kreuzzug gibt es von Konrad keine Lebenszeichen mehr. Seine Nachfolge traten die drei Grafen Hartmann von Grüningen an. Während Hartmann I. (1246 „senior“) sich 1243 in Capua noch im Gefolge Kaiser Friedrichs II. befand, wechselte sein Neffe und Erbe Hartmann II. 1246 als mutmaßlicher Reichssturmfähnrich vor der Schlacht bei Frankfurt mit seinem Vetter oder Bruder Ulrich I. von Württemberg und 2000 schwäbischen Gefolgsleuten von der staufischen auf die päpstliche Seite und leitete damit den Niedergang der Staufer mit ein. Statt signifer regis wie die Grafen Werner nannte er sich später sacri signifer imperii, also Fähnrich des Heiligen Reichs, und prägte damit möglicherweise den Begriff des Reichsbannerers bzw. Reichssturmfähnrichs.

Nachdem König Rudolf von Habsburg 1280 die Revindikation des von Hartmann II. und dessen Sohn Hartmann III. von Grüningen als Eigengut beanspruchten Reichslehens erzwungen hatte, legte er Reichssturmfahne und Burg in Grüningen in die Hände seines Schwagers: des Grafen Albrecht II. von Hohenberg, der als niederschwäbischer Reichslandvogt und Reichsvogt von Grüningen die Burg als Zweitresidenz nutzte und den König auf mehreren Feldzügen begleitete. Nach Rudolfs Tod empfing er hier am 28. April 1292 seinen Neffen Albrecht V. von Habsburg auf dem Weg zur Königswahl in Frankfurt, wo allerdings Graf Adolf von Nassau zum König gewählt wurde. Zu dessen ersten Amtshandlungen zählte die Absetzung des Hohenbergers als Reichssturmfähnrich und schwäbischer Reichslandvogt, um diese wichtigen Ämter seinem Schwager, dem Grafen Heinrich von Isenburg, anzuvertrauen. Nach König Adolfs Absetzung und der Königswahl Albrechts von Habsburg ernannte dieser Otto III. von Ochsenstein anstelle seines am 17. April 1298 in der Schlacht auf den Kreuzwiesen gefallenen Hohenberger Oheims zum Reichssturmfähnrich. So traten in der Entscheidungsschlacht bei Göllheim am 2. Juli 1298 zwei königliche Bannerträger gegeneinander an, die beide fielen.

Während Grüningen freie Reichsstadt war, lag die Stadt im Einflussbereich der Habsburger, bis König Friedrich der Schöne 1322 dem Gegenkönig Ludwig der Bayer in der Schlacht bei Mühldorf unterlag. Darauf übereignete Ludwig am 3. Oktober 1322 seinem die Schlacht mit entscheidenden Weggefährten Konrad von Schlüsselberg das Grüninger Sturmfahnlehen: mit Burg und Stadt und allen Rechten und Lehen, Patronat und Gerichtsbarkeit, Dörfern, Weiden, Wäldern, Gewässern und Wasserläufen, Leuten und Vasallen, Einkünften und Zubehör zu ewigem Lehen und befahl allen zur Stadt und Burg gehörenden Leuten und Vasallen, Konrad und dessen Erben die genannten Rechte in vollem Umfang zu übergeben und ihnen gehorsam zu sein. Damit verlor Grüningen den Status als freie Reichsstadt und wurde wieder zu einer verlehnten Stadt des Reichs, die zwar den Reichsadler weiterhin im Stadtwappen führte, sich aber dem jeweiligen Lehensträger unterordnen musste.

Integration ins Württemberger Wappen

Auf Wunsch des mittlerweile zum Kaiser gekrönten Ludwigs trat der mit einer Württembergerin verheiratete Konrad von Schlüsselberg 1336 das Grüninger Sturmfahnlehen gegen Entschädigung an Graf Ulrich III. von Württemberg ab, dem Ludwig Fahne, Burg und Stadt und alle damit verknüpften Besitztümer und Privilegien als Erblehen zusprach. Diese Vergabe hatte Bestand und wurde von König Maximilian I. 1495 als Erblehen erneuert, als er den württembergischen Grafen Eberhard im Bart zum Herzog erhob. Darauf nahm Eberhard im Bart die Reichssturmfahne in sein vierteiliges Herzogswappen auf.

Zitat aus der Belehnung Herzog Eberhards:
König König Maximilian I. beurkundete am 25. Juli 1495, „daß Wir Unseren und des Reichs Sturmvanen empfohlen haben dem hochgeporenen Eberharten, Hertzogen zu Wirtemberg und zu Teck, […] und allen seinen Lehenserben zu rechtem Lehen verliehen und leihen ihm auch mit diesem Unserem Briefe Gruningen Statt und Burg mit Leuten und Guten […], weil das zu Unserem des Reichs Sturmvanen Lehen ist und auch darzu gehöret; mit der Bescheidenheit, daß der vorgenannt Hertzog und seine Lehenserben Uns und Unseren Nachkomen am Reiche, Kunegen und Keysern, ewiglich die Dienst thun sullen getrewlich, die man davon zu recht und billig thun soll. Sy sullent auch und haben Geheiß, daß sy den Sturmvanen besorgen und bewahren […], als auch der genannt Hertzog Eberhart und seine Voreltern von Unsern Vorfaren am Reiche solchen Empfehle und Lehen gehabt und hergebracht haben.“

Außerdem wurde vereinbart, dass das Herzogtum an des Reich fällt, wenn das Geschlecht der Württemberger erlöschen sollte. Formal behielt Grüningen seinen Sonderstatus als verlehnte Reichsstadt bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation im Jahre 1806.
Quelle: HStA Stgt., A 602, Nr 713 = WR 713

Das Grüninger Stadtwappen zeigte derzeit noch kein Schildhaupt. Vorübergehend soll ein grüner Schrägstrich durch den Adler gegangen sein. Dementsprechend sollen sich Grüninger Rekruten mit einem grünen Band am Ärmel kenntlich gemacht haben. Im 16. Jahrhundert bestand ein Schildhaupt aus einem grünen, später aus einem blauen Balken, der erstmals für 1596 mit fünf Sternen im Wappen von „Ampt und Vogtey Grüningen” belegbar ist.

Hervorhebung im Württemberger Wappen

Als die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg 1692 zu Kurfürsten erhoben und ihnen dabei das von den Württembergern angestrebte Hofamt des „Erzpannerers” übertragen worden war, setzte sich Herzog Eberhard Ludwig juristisch zur Wehr und berief sich dabei auf sein Grüninger Erblehen und das damit verbundene Amt des Reichsturmfähnrichs. Um diesen Anspruch zu unterstreichen, nahm er 1705 die Grüninger Grafenkrone als Helmzier in sein mit Heidenheim nun fünfteiliges Wappen mit Herzschild auf. Die ursprüngliche Absicht, die Reichssturmfahne im Herzschild herauszustellen, verwarf er zugunsten der Württemberger Hirschstangen, nachdem er sich 1706 durchgesetzt hatte. Ab 1707 füllte er die ererbte Titularfunktion auch praktisch aus: als Generalfeldmarschall im Spanischen Erbfolgekrieg. Nach Fertigstellung seines ab 1704 erbauten Residenzschlosses in Ludwigsburg verlegte der Herzog den Aufbewahrungsort der Reichssturmfahne allerdings vom Grüninger ins Ludwigsburger Schloss und verlieh 1718 seiner neuen Residenzstadt als Stadtwappen die Reichssturmfahne in blauem Feld.

Im Zuge einer Verwaltungsreform wurde das Amt Gröningen 1758 wie andere verbliebene Ämter zum Oberamt umbenannt. Der traditionell Vogt genannte herzogliche Beamte, der auf Amtsebene die Verwaltung leitete und dem Amtsgericht vorstand, führte ab 1759 den Titel „Oberamtmann”. Das Gröninger Oberamtssiegel zeigte von nun an zwei Wappen: den herzoglichen Herzschild an heraldisch erster und das frühere Amtswappen mit fünf Sternen im Schildhaupt an zweiter Stelle.

Im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde Herzog Friedrich von Württemberg auf Basis des Grüninger Reichslehens die Kurwürde verliehen. Dabei wurde die Funktion des Reichssturmfähnrichs zum Erzbanneramt aufgewertet und die Fahne prominent im ersten Feld des Herzschilds noch vor den Hirschstangen platziert. Den Nebentitel „Graf zu Gröningen” führte Friedrich selbst noch als König, obwohl das damit verknüpfte Hofamt 1806 mit der Auflösung des Reichs obsolet geworden war. Das hinderte ihn jedoch nicht, das Oberamt Gröningen im Zuge seiner Verwaltungsreform 1806 aufzulösen und ins Oberamt Ludwigsburg zu integrieren. Als dessen Nachfolgekörperschaft führt heute der Landkreis Ludwigsburg den Grüninger Adler und darüber anstelle der fünf Sterne eine Württemberger Hirschstange im Wappen.

Die Reichssturmfahne blieb bis 1918 dreifacher Bestandteil des großen württembergischen Königswappens. Die erste der flankierenden Fahnen hielt der von den Staufern übernommene Löwe, die zweite der württembergische Hirsch. Im Herzschild hatte sie König Friedrich 1806 allerdings durch die Staufer-Löwen ersetzt, die deren Herzogtum Schwaben symbolisierten. Dabei rückte die Grafschaft Grüningen heraldisch von Platz eins auf Platz sieben. Davor wurden die Herzogtümer Württemberg, Schwaben und Teck, die Pfalzgrafschaft Tübingen, die Fürstpropstei Ellwangen und erstmals vor Grüningen die Grafschaft Mömpelgard aufgeführt.

Die Sterne im heutigen Stadtwappen Markgröningens dürften im späten 19. Jahrhundert vom ehemaligen Amtswappen übernommen worden sein (siehe Jakob Rammingers Darstellung von 1596 und Oberamtssiegel von 1789) und symbolisierten vermutlich die mitverwalteten Amtsflecken. So waren es zwischendurch auch mal sieben Sterne. 1847 wurde auf der Renovierungstafel in der Marienkapelle der Bartholomäuskirche und 1865 an der neuen Einfassung des Marktbrunnens noch das Stadtwappen ohne Sterne verwendet. Das um 1866 skizzierte Stadtwappen am Rathausturm hatte derzeit noch kein Schildhaupt mit Sternen.

Vom blauen Schildhaupt und goldenen Fond des Reichsadlers wurde offenbar die Stadtflagge abgeleitet. Die Blasonierung des Markgröninger Stadtwappens lautet: „unter blauem Schildhaupt, darin fünf sechsstrahlige goldene Sterne, in Gold der rotbezungte schwarze Reichsadler”.

Karl der Große gegen Heiden

Kampf Karls des Großen und Graf Gerolds mit der Fahne gegen Heiden in einer Darstellung von 1334
Bildautor: unbekannt, Quelle: Wikimedia

Graf Ulrich III. von Württemberg

Wappen Graf Ulrichs III. mit Helmzier und Reichssturmfahne,. Daneben der Graf mit der Reichssturmfahne auf dem Stauferlöwen
Bilder: Wikimedia (Ausschnitte)

Herzog Eberhard

Herzog Eberhard im Bart mit Reichssturmfahne im Markgröninger Rathaus (Ausschnitt)
Bild: Peter Fendrich

Herzogswappen mit Reichssturmfahne, 1544 am neu erstellten Pfarrhaus angebracht, und Version von 1594 mit drei Helmzierden ohne Grüningen
Bilder: Pilettes, Wikimedia, u. BSB München

Wappen Rathaus

Württemberger und Gröninger Stadtswappen unter dem Uhrturm des Rathauses (vor 1705). Die Sterne im Stadtwappen waren im 19. Jh. noch nicht ergänzt.
Bild: Peter Fendrich

Fahne und Wappen 1695

Banner des Heiligen Römischen Reichs und Wappen der Grafen von Grüningen und Württemberg (zum Erzbannerstreit mit Braunschweig 1695 zusammengestellt)
Bild: Förster, Quelle: Uni Göttingen

Ab 1705 erscheint die Grüninger Grafenkrone mit Adler als Helmzier über dem mit Heidenheim fünfteiligen Wappen Herzog Eberhard Ludwigs
Bild: Metzner, Wikimedia

Herzschilde ab 1803 und ab 1806

Kurwürttembergischer Herzschild von 1803 mit Reichssturmfahne im ersten Feld und königlicher Herzschild von 1810 mit Staufer-Löwen für Schwaben im zweiten Feld
Bilder: StA Sigmaringen u. Rosenzweig, Wikimedia

Großes Königswappen Württemberg

Großes württembergisches Königswappen (1871) mit drei Reichssturmfahnen. Grüningen ist von Platz eins (1803) auf Platz sieben verschoben und steht heraldisch erstmals hinter Mömpelgard
Bild: Hugo G. Ströhl, Wikimedia

Kreis- und Stadtwappen

Vom Wappen des ehemaligen Amts Grüningen abgeleitete Wappen des Landkreises (links) und der Stadt Ludwigsburg (rechts)
Bilder: Wikimedia