Modell der Heilig-Geist-Kirche von Heinz Oechsner Doppelportal vom Narthex (heute Spitalsaal) zum abgerissenen Kirchenschiff und Portalrelikt nach Norden (vermutl. zu einem Kreuzgang) Dasselbe Motiv von 1958 Wappen des Mäzens Philipp Volland im Chor Wappen der Stebenhaber? Wappen des Herzogs und Kastvogts Ulrich von Württemberg Wappen des Spitalmeisters Johannes Betz im Chor 1956 unter dem Altarraum entdeckt: Namenlose Grabplatte mit Spitalkreuz, heute Front für den Ambo, früher vielleicht zur Abdeckung des Abgangs zu einer Gruft Schlussstein mit Wappen von Spitalmeister Betz (1507-1532) Wappen von Württemberg und Stebenhaber über dem von Johannes Betz (1512) am Nordeingang. Erwartet hätte man hier das Wappen des Provinzialmeisters, von 1509 bis 1512 war das Conrad Kleeberger Heilig-Geist-Kirche Markgröningen
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Kirche des Heilig-Geist-Spitals Am Palmsonntag 1297 weihte der Würzburger Weihbischof Bonifatius die Kirche des Heilig-Geist-Spitals in Grüningen. Die Weihe soll am 25. März stattgefunden haben und dieser Tag fortan als Kirchweihtag gefeiert worden sein. In den von Klaus Militzer untersuchten Spitalrechnungen wird hingegen eine Kirchweihfeier am 23. Januar erwähnt sowie eine weitere „am Sonntag vor Katharina” (1444 der 22. November) für die Kapelle des „äußeren Spitals”, die in diesem Kontext als „Sanct Lienhart” bezeichnet wird. 1318 stellte Bruder Ysnardus, Patriarch von Antiochia, den Wohltätern für einen neu errichteten Altar in der Spitalkirche einen Ablass von 40 Tagen in Aussicht. Das Kirchenschiff verband das Ordenshaus im Westen mit dem Chor im Osten. Der 1318 genannte Altar könnte sich schon im Chor befunden haben, dessen Bau anhand der Steinmetzzeichen zwischen 1300 und 1330 datiert wurde. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts folgten Erneuerungsarbeiten und Neubauten. So ließ Spitalmeister Alexander Vetter (1484–1492) einen neuen Dachstuhl auf das Chordach setzen. Dendrochronologische Untersuchungen ergaben das Jahr 1484. Der große Saal im Hauptgebäude des Spitals (1507 unter Johannes Betz zum Keller umgebaut) erhielt um diese Zeit Fresken, die teilweise erhalten blieben. Sie wurden im Zuge der Pfründhaus-Renovierung entdeckt, abgelöst und in der Spitalkirche angebracht. Spitalmeister Johannes Betz (1507-1532) ließ die Kirche zwischen 1507 und 1520 erweitern. Zunächst ließ er 1507 den Chor renovieren. 1512 erfolgte der nördliche Anbau an den Chor und mit ihm auch der Bau des Turms. Auf der Südseite des Chors befand sich ein zweigeschossiger Anbau, dessen Aussehen, Entstehungszeit und Nutzung nur erahnt werden können. Ein Steinmetzzeichen deutet auf die Zeit des Johannes Betz hin. Auf dem Dach des Chores befand sich ein „Messtürmlein”. Relikte dieses Dachreiters sind im Dachgebälk noch vorhanden. 1769 wurde er nochmals renoviert, im 19. Jahrhundert entfernt. Im Zuge der Reformation wurde der Heilig-Geist-Orden enteignet. Das geistliche Spital wurde 1552 aufgehoben und für die Landesarmenpflege dienstbar gemacht. Nachdem das Spital in städtischen Besitz übergegangen war, wurde die Kirche zumindest zeitweise noch für Gottesdienste verwendet. Allerdings scheinen Fenster und Gestühl 1584 schon im Verfall und Anregungen zur Reparatur damals von der Stadt abgelehnt worden zu sein. Erst um 1600 fand eine Erneuerung des Chores statt, wie die Ummalung der Chorfenster zeigt. 1766 ist die Rede davon, die Kirche für Gottesdienste wieder instand zu setzen. 1778/79 erhielt der Turm eine neue Glocke und 1780/81 eine neue Uhr (heute im Stadtmuseum). 1801 erfolgte eine Kehrtwende: Das Kirchenschiff und vermutlich der Südanbau des Chors wurden zum Abriss versteigert. Dabei gingen auch das Chorgewölbe, der Lettner und andere Einbauten verloren. Der Chor wurde im Westen mit Fachwerk geschlossen und im Inneren ein Zwischenboden eingezogen. Chor, Nordanbau und Turm dienten danach bis in die 1950er Jahre als Abstellräume. 1954 schenkte die Stadt Markgröningen der in dieser Zeit entstehenden katholischen Kirchengemeinde die Spitalkirche und den dazu gehörenden Kirchhof. Ein 1956 errichteter Anbau mit Pultdach zum Chor wurde 1980 abgerissen und durch den jetzigen Neubau nach Entwürfen von Architekt Prof. Dr. Rainhard Gieselmann aus Wien ersetzt. Ein zeltförmiges Dach erhebt sich über niedrigen Seitenwänden und öffnet sich nach oben mit einem großen Dachfenster und nach Osten mit dem Chorbogen zum alten Chor. Den Mittelpunkt bildet ein mächtiger Stein als Altar, flankiert vom Ambo (Lesepult) und der neuen Orgel von Alfons Zeilhuber aus Altstädten (2002). Der Altar bildet den zentralen Bezugspunkt für den gesamten Kirchenraum. Auf seinen verschiedenen Seiten entwickelt er sich vom rohen Block zum Tisch und zeigt damit den Bedeutungswandel vom einstigen Opferstein zur heutigen Mensa. Die in der Mensa eingebrachten Reliquien sind zwei Heiligen zugeordnet: Tiro Prosper von Aquitanien († um 463) und dem Märtyrer Felicissimus († 258). Der gotische Chor Der Chor mit seinem Fünfachtelschluss, seinen Wanddiensten und reich ausgeführten Maßwerkfenstern zeigt bauliche Eigentümlichkeiten, die auf eine Steinmetzhütte vom Rhein schließen lassen. Eine große Zahl von Werkleuten ist durch Steinmetzzeichen belegt. Die heute in Stuck nachgebildete Decke entspricht der einstigen: Ein breitgezogenes schmales Kreuzrippengewölbe sitzt auf zarten Wanddiensten. Die Kapitelle sind mit plastischem Bildwerk durchgestaltet. Es finden sich Gesichter in Blattwerk, Blattmasken und Rankenwerk von ausgezeichneter bildhauerischer Qualität. Sie waren von Anfang an farbig gefasst und zeigen nach der jüngsten Reinigung 2001 wieder ihre ursprünglichen Farben. Ihre Ausgestaltung dürfte in den ersten beiden Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts erfolgt sein. Das Maßwerk der Fenster, besonders das der beiden dreiteiligen, beeindruckt durch eine originelle und reife künstlerische Gestaltung. Der umlaufende Sims trägt einen Teil der Wanddienste, sodass darunter ein nicht mehr vorhandenes Chorgestühl Platz fand. Hervorzuheben ist die in beschädigtem Zustand erhalten gebliebene Sediliennische aus der ersten Bauphase. An der Nordseite des Chores befindet sich eine gotische Pforte, ebenfalls mit einer noch erhaltenen Blattmaske am Türsturz und darüber ein Tympanon mit einer Kleeblattbogenform umschlossen. Vergleichbar ist diese Pforte mit der südlichen Außenpforte im ehemaligen Kloster Rechentshofen (nach 1240). An der Südseite befinden sich weitere Durchgänge, einer zum Untergeschoss, ein zweiter darüber zum Obergeschoss des ehemaligen Südanbaus. Beide sind in ihrer Ausführung spätgotisch. Wie die Inschrift über dem Mittelfenster zeigt, erfuhr der Chor eine Ausmalung unter Johannes Betz. Die über den Fenstern befindlichen Wappen wurden 1956 durch den Stuttgarter Kunstmaler und Restaurator Hans Manz wiedergefunden. Sie zeigen, von links beginnend, das Wappen des bedeutenden Bürgers und Mäzens Philipp Volland, anschließend ein nicht sicher identifiziertes Wappen (laut Graf Adelmann vom Haus Habsburg-Burgund, laut Dr. Seeliger-Zeiss von Familie Stebenhaber aus Memmingen). Eindeutig sind die beiden nächsten Wappen des Hauses Württemberg alter Linie in der Mitte und des Bauherren und Spitalmeisters Johannes Betz. Außer den genannten Wappen und dem Rollwerk um die Fenster fanden sich 1956 geringe Spuren einer Kreuzigungsgruppe auf der Südseite mit zwei Stifterfiguren und gegenüber an der Nordseite zwei knieende Stifterfiguren unter einer nicht mehr erhaltenen Darstellung. Die beiden Bilder wurden 1957 durch Hans Manz ergänzt. Die ursprünglichen Glasfenster waren 1584 bereits nicht mehr vorhanden. Die heutigen stammen aus der Werkstatt Sternbacher und wurden 1956 eingesetzt. Angeleht an die Geheime Offenbarung des Johannes zeigt das Mittelfenster in einem Medaillon das Gotteslamm, umgeben von den vier Wesen (Engel = Matthäus, Löwe = Markus, Stier = Lukas, Adler = Johannes). Im rechten Fenster ist der Löwe aus dem Stamm Juda dargestellt. Den unteren Abschluss bilden rings herum sieben leuchtertragende Lämmer. Kirchenschiff und Lettner Der Chor schließt im Westen mit einem fast 12 Meter hohen und sehr schmalen Chorbogen ab und öffnet sich heute zum Neubau der Kirche. Das ursprüngliche Kirchenschiff verband den Chor mit einem der Spitalgebäude. Es war ein einschiffiger einfacher hoher Raum mit einer Holzdecke. Nur wenige Teile blieben nach dem Abbruch von 1801 erhalten. So ein Fensterrest an der Südostseite (der heute in das neue Fenster an der Westseite der Kirche einbezogen ist). Ansätze an der Südostecke und vor allem die (heute außerhalb der Kirche liegenden) vier Öffnungen zum Spitalbau. Durch diese offene Verbindung konnten die kranken Spitalbewohner an den Gottesdiensten teilnehmen, wie dies noch bis in jüngste Zeit im Mutterhaus in Rom praktiziert wurde. An der Nordostecke zum Spitalsaal blieb der Ansatz eines Torbogens erhalten. Hervorzuheben ist außerdem der ursprünglich vorhandene Lettner mit seinen drei gewölbten Jochen. Hier sind noch die Rippenansätze vorhanden. Beachtenswert sind die einst farbig gefassten Büsten an den Bogenansätzen. Dieser Lettner stammt ebenfalls aus der ersten Bauphase, wie die Steinmetzzeichen belegen, und diente später auch als Übergang zum Turm, wie die beiden spätgotischen Durchbruchsöffnungen zeigen. Vermutlich stand unter dem Lettner ein weiterer Altar. Unter dem Fußboden führte einst ein Kanal hindurch, der den früheren Brunnen im Wirtschaftshof entwässerte. Ein Schmuckstück bildet die Frontplatte des heutigen Ambo (Lesepult), auf dem das Doppelkreuz des Heilig-Geist-Ordens in voller Höhe abgebildet ist. Dieser einst als Grabplatte verwendete Stein wurde bei den Bauarbeiten von 1955 im Boden unter dem Lettner gefunden. An der West- und Nordseite des neuen Kirchbaus sind die erhaltenen Reste eines Freskenzyklus aus dem ehemaligen Saal des Vorgängerbaus des Pfründhauses angebracht. Sie zeigen Werke der Barmherzigkeit: Nackte bekleiden, Hungrige speisen, Durstige tränken, Kranke besuchen, Tote bestatten. Entstanden sind diese fünf Motive im späten 15. Jahrhundert, vielleicht unter Spitalmeister Alexander Vetter (1484-1490), der 1488 den Steinbau errichten ließ, der den Westflügel im Norden abschloss. Am einstigen Lettner öffnet sich in einem hohen gotischen Bogen der Eingang in die Turmkapelle. Turm mit Kapelle Im Erdgeschoss des fünfstöckigen und im Bereich der Glockenstube achteckigen Turms befindet sich eine Kapelle mit reich gegliedertem Sternrippengewölbe, das in den vier Ecken auf Konsolbüsten aufliegt. Unter diesen ist eine Büste mit einem Meisterschild, von einem Engel gehalten. Im Schlussstein ist ebenfalls ein Engel dargestellt, ein Schild mit einem a als Minuskel tragend, dessen Bedeutung nicht geklärt ist. Es könnte ein Meisterzeichen sein oder für den Spitalmeister Alexander Vetter stehen. In diesem Fall wäre das Erdgeschoss des Turms älter. Die Asymmetrie des Nordfensters könnte so zu erklären sein. Ein weiterer Schlussstein, jetzt in die Wand eingelassen, trägt das Wappen des Johannes Betz mit der Taube. Dieser Stein stammt aus einem anderen Gewölbe, vielleicht von dem des Nordanbaus. Das Maßwerk im Fenster, das nur noch in geringen Ansätzen vorhanden war, wurde durch Bildhauer Schneider 1956 durch ein Spitalkreuz ergänzt. Bemerkenswert ist die dekorative Ausmalung der Decke. Die südliche Wand des Turms wurde im oberen Bereich auf die Nordmauer des Kirchenschiffs aufgesetzt. Der nördliche Anbau (heute Sakristei) Der nördliche Anbau öffnet sich ebenfalls mit einem großen gotischen Bogen von der Turmkapelle aus (heute geschlossen). Der Bau ist nicht mehr in seinem Originalzustand erhalten. An den noch vorhandenen Teilen lässt sich jedoch ansatzweise der frühere Zustand rekonstruieren: Ein rechteckiger hoher Raum wurde bedeckt von zwei Segmenten eines reich gegliederten Netzrippengewölbes. An den Gewölbeansätzen sind die Konsolbüsten teilweise erhalten. Eine stellt einen Spitalbruder mit vornehmer Kopfbedeckung dar. Vermutlich stellte der Steinmetz mit diesem Kunstwerk den Bauherren selbst dar: Johannes Betz, der zur Grundsteinlegung 1512 Spitalmeister war. Für ihn steht auch der Bär in einem der Fenster. Die anschließende Mauer trennt den Kirchhof vom Wirtschaftsbereich ab. Ein Tor, heute in die Ostmauer des Kirchhofs eingebaut, weist im ursprünglichen Scheitelstein mit Spitalwappen die Jahreszahl 1466 auf. Der eingefriedete Kirchhof diente als Begräbnisstätte. LIteratur Siehe auch |
Heilig-Geist-Kirche um 1972 von Nordosten Prozession im Spitalhof um 1965 von Osten Kirchturm mit erstem Anbau um 1975 Turm und 1982 erstellter Neubau (2014) Chor mit dem Neubau von 1982 von Südosten Chor der Heilig-Geist-Kirche Altarraum mit Relikten des Lettners Wandmalerei vom Vorgängerbau des Pfründhauses Nordanbau und Kirchhofmauer um 1910 Spitalkirche um 1930 von Süden Heilig-Geist-Kirche Markgröningen Kirche des Heilig-Geist-Spitals in Markgröningen |