Replikat der Reichssturmfahne
mit rotem Schwenkel
Bild: David Liuzzo, Wikimedia
Wappen und Helmzier der württembergischen Grafen von Grüningen und Landau
Bild: David Wolleber (1591), Quelle: Uni Tübingen
Wappen und Helmzier der Grafen von Hohenberg
Quelle: Scheiblersches Wappenbuch
Siegel der Reichsstadt Grüningen von 1299
Bild: Hermann Römer
Graf Eberhard I. verschanzte sich 1305 erfolgreich in Grüningen gegen König Albrecht
Quelle: Christian Sattler (1797), Wikimedia
Wappen von Konrad II. von Schlüsselberg, der Burg und Stadt von 1322 bis 1336 zu Lehen hatte
Bild: David Wolleber
Graf Ulrich III. von Württemberg mit der Reichssturmfahne auf dem Stauferlöwen
Ausschnitt aus: Wikimedia
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Literatur
Ludwig F. Heyd: Geschichte der Grafen von Gröningen. Stuttgart 1829 (PDF)
Johann D. Memminger: Die Grafen von Grüningen-Landau. Ihre Benennung und ihre Verwandtschaft mit dem Hause Württemberg. In: Württ. Jahrbücher für vaterländische Geschichte, Geographie, Statistik und Topographie, 1826, Heft 1, S. 69–97 (Google) und Heft 2, S. 376–440 (Google)
Stadtgeschichte von 500 bis 1336. Stadtgeschichte von Grüningen.
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Nachdem der fränkische König Chlodwig um 500 die ursprünglich bis an den Mittelrhein siedelnden Alamannen nach mehreren Schlachten besiegt hatte, war er bestrebt, deren bis an die Alpen reichendes Siedlungsgebiet in sein Reich einzuverleiben. Diesen Machtzuwachs wollte ihm der Ostgoten-König Theoderich der Große jedoch nicht zugestehen und konnte durchsetzen, dass die südlich einer vereinbarten Demarkationslinie lebenden Alamannen Autonomie unter seinem Schutz erhielten. Diese fränkisch-alamannische Grenze verlief in etwa entlang der Seltz im Elsass und der Oos über den Nordschwarzwald und südlich von Weil der Stadt zur Glems und an ihr entlang nach Norden, um bei Schwieberdingen wieder nach Osten zu verschwenken. Dabei fielen der Engelberg, der Asperg, der Lemberg und weitere strategisch bedeutende Höhen dem aufgrund seines Sieges zum Christentum übergetretenen Franken-König zu. Und damit auch die bei ihrer Ersterwähnung „Gruoninga” geschriebene Vorläufersiedlung Markgröningens, deren alamannische Keimzelle um die Quellmulde der Wette zu suchen ist.
Die Abgrenzung zum alsbald nur noch teilautonomen Stammesherzogtum Alamannien bestand bis zum 746 vollzogenen Cannstatter Blutgericht, nach dem der Hausmeier Karlmann auch diesen Teil voll ins Frankenreich integrierte. Als Diözesangrenze der Bistümer Speyer und Konstanz blieb ein Abschnitt des „fränkisch-alamannischen Limes” bis zur Reformation in Württemberg erhalten und lässt sich mancherorts noch heute als Dialektgrenze nachvollziehen.
Abgesehen von der ersten urkundlichen Erwähnung Grüningens 779 im Zuge einer Schenkung Graf Kuniberts ans Kloster Fulda konnten die Geschichtsschreiber Ludwig Heyd und Hermann Römer außer verschiedenen Legenden nicht viel zur Geschichte der Stadt im frühen Mittelalter finden. So soll der romanische Vorgängerbau der Bartholomäuskirche vor 800 auf Initiative Königin Hildegards, der aus einem alamannischem Herzogsgeschlecht stammenden dritten Gattin Karls des Großen, erstellt worden sein. Auf deren Bruder Gerold II. soll die Verknüpfung des Grüninger Königslehens mit der Reichssturmfahne zurückgehen.
Ab der Jahrtausendwende sind vier, mit mehreren Grafschaften versehene Grafen Werner als „signifer regi“ bzw. Reichssturmfähnriche belegt, von denen sich zumindest Werner IV. als Träger der Reichssturmfahne und des damit verknüpften Königslehens Graf von Grüningen nannte, obwohl er andernorts weit mehr Besitz hatte. Graf Werner IV. von Grüningen profitierte vom Bempflinger Vertrag und soll nicht nur ein naher Verwandter des salischen Königshauses, sondern auch des ersten nachweisbaren Württembergers Konrad von Württemberg und des einflussreichen Hirsauer Abts Bruno von Beutelsbach gewesen sein. Vermutlich leiteten die Württemberger Grafen von diesem letzten, 1121 ohne männlichen Nachkommen verstorbenen Grafen Werner den stets mit großer Energie verfolgten Anspruch auf die Reichssturmfahne und das damit verknüpfte Grüninger Königslehen ab.
Vorerst kam Grüningen allerdings in die Hände der Grafen von Calw bzw. über deren Erbtochter an Welf VI., der dieses Heiratsgut – sofern er es überhaupt in Besitz nehmen konnte – jedoch im Konflikt mit den Staufern sogleich an diese verlor. 1139 hielt der zeitweilige Reichssturmfähnrich und Staufer-König Konrad III. in der Grüninger Königspfalz einen Hoftag ab und urkundete für das Kloster Denkendorf. Unter den Zeugen finden sich die Württemberger Grafen Ludwig und Emicho, deren Nachkommen in Grüningen als Kirchherren und Besitzer eines Herrenhofes neben der Kirche in Erscheinung traten, laut Crusius das „Schloss der Alten Grafen” von Grüningen. 1227 nannte sich Konrad III. von Württemberg in „Graf von Grüningen” um. Offenbar nachdem er das 1226 erstmals Stadt genannte Grüningen als Lehen erhalten hatte. 1228 begleitete er Kaiser Friedrich II. auf dessen Kreuzzug nach Palästina. Ob er dabei als Fähnrich diente, lässt sich nicht belegen. Danach sind keine Urkunden mehr von ihm überliefert. Statt ihm trat nun Graf Hartmann I. von Grüningen im Gefolge des Kaisers auf, vermutlich ein Sohn Konrads, der 1243 seine Neffen aus dem Haus Württemberg als Erben einsetzte.
Landesgeschichtliche Relevanz fiel der Grafschaft Grüningen zu, nachdem einer der Reichssturmfähnriche und Lehensträger, Graf Hartmann II. von Grüningen aus dem Hause Württemberg, und sein mutmaßlicher Bruder oder Vetter, Graf Ulrich I. von Württemberg, 1246 den Niedergang der Staufer mit einleiteten: Unmittelbar vor der Schlacht bei Frankfurt gegen den von Papst Innozenz IV. zum Gegenkönig erhobenen thüringischen Landgrafen Heinrich Raspe IV. wechselten die beiden Württemberger Grafen für viel Geld und die Aussicht auf die schwäbische Herzogswürde mit rund 2000 schwäbischen Gefolgsleuten zur antistaufischen Partei über und zwangen somit den Staufer-König und schwäbischen Herzog Konrad IV., Sohn Kaiser Friedrichs II., in die Flucht. Zur Umsetzung ihrer Ambitionen hielten sich die beiden Grafen bis 1250 mehrfach beim Papst in dessen Exil in Lyon auf.
1252 soll der zweite antistaufische König Wilhelm von Holland Reichssturmfahne, Burg und Stadt Grüningen dem sich stets papsttreu rühmenden Grafen Hartmann II. von Grüningen als Erblehen übertragen haben. Im Zuge des Interregnums führte der „comes illustrissimus” genannte Hartmann II. also die vermutlich von den Staufern zur Reichsstadt erhobene Kommune in Eigenbesitz über, um sie im Zuge seiner hochfliegenden Pläne zur Hauptstadt bzw. zum Fürstensitz auszubauen. Dabei ging er als Kirchherr auch den Neubau der aus karolingischer Zeit stammenden und später ausgebauten Bartholomäuskirche an und wandelte die romanische Basilika zusammen mit seinem Sohn Hartmann III. in eine der ersten gotischen Kirchen in Schwaben um.
Der 1273 zum König gewählte schwäbische Graf Rudolf von Habsburg machte den Grafen von Grüningen jedoch einen Strich durch die Rechnung. König Rudolf I. hatte sich zum Ziel gesetzt, ehemals staufischen Besitz, also auch Burg und Stadt Grüningen, wieder in Reichshand zu bringen und dabei die Vormachtansprüche der beiden Württemberger Grafenlinien einzudämmen, weil er die vakante Herzogswürde für sein eigenes Haus gewinnen wollte.
Während Graf Ulrich II. von Württemberg einlenkte, setzten der 1274 gestorbene Graf Hartmann II. von Grüningen und dessen Sohn aus erster Ehe, Graf Hartmann III., auf die militärische Karte. Das Kriegsglück wogte hin und her. 1275 musste Hartmann III. eine tiefe Demütigung hinnehmen, als die königlichen Truppen Grüningen einnahmen und die neue Kirche in Brand steckten. Bei der ebenfalls umstrittenen Stadt Brackenheim konnte Hartmann III. im Oktober 1277 jedoch seine Feinde trotz ihrer Übermacht zurückschlagen und zahlreiche Gefangene nach Grüningen führen. Diesen Sieg feierte man in Grüningen laut Heyd als „Rache des Kirchenheiligen Bartholomäus“ für die Kirchenschändung. 1277 bestätigte der mit Hartmann III. verschwägerte Speyrer Bischof Friedrich von Bolanden dessen testamentarische Stiftung auf den Marienaltar der Bartholomäuskirche. Zu dieser Zeit dürfte auch die undatierte Stiftung der Marienglocke durch Hartmann III. erfolgt sein. Auf der Glocke war folgendes in Latein eingraviert: „Heilige Mutter Maria, Markus, Lukas, Matthäus, Johannes, Graf Hartmann von Grüningen, der eine Tochter des Herrn von Eberstein zur Frau hat.” Ihr einziger Sohn Konrad soll 1278 in Chalons gestorben sein. Ihre Tochter Beatrix wurde mit Hermann I. von Teck vermählt.
Im April 1280 wurde Hartmann III. in offener Feldschlacht gegen eine Koalition schwäbischer Grafen gefangen genommen. Er starb ein halbes Jahr später in Kerkerhaft auf dem Asperg und wurde in der Grüninger Kirche beigesetzt, die sein Vater als Grablege für seine Dynastie vorgesehen hatte. Hartmanns Halbbrüder und Erben, insbesondere Graf Konrad II. von Grüningen, mussten ihre Ansprüche auf die Grafschaft Grüningen aufgeben und 1295 schließlich auch das namensgebende „Dominium“, ihren Eigenbesitz in der Stadt samt Herrenhof und Kirchenpatronat, an König Adolf von Nassau veräußern. Danach nannten sie sich nur noch Grafen von Landau nach einer Burg in der Nähe von Grüningen an der Donau, das viele Historiker seit Johann Memminger (1826) als namensgebenden Ort der Grafen von Grüningen annahmen. Ludwig Heyds Widerlegung dieser These wurde missachtet, obwohl die Württemberger den Titel „Graf von Grüningen” noch bis 1806 geführt hatten.
Ab 1280 diente die Burg in der nunmehr freien Reichsstadt Grüningen dem niederschwäbischen Landvogt Albrecht II. von Hohenberg als Residenz, der als König Rudolfs Heerführer vermutlich auch die Reichssturmfahne führte. 1284 nutzte er Burg und Kirche zur Ausrichtung der „Grüninger Fürstenhochzeit“, bei der auch sein königlicher Schwager Rudolf zugegen war. 1291 soll die Stadt ebenso wie Vaihingen großteils abgebrannt sein. Nachdem die Stadt wieder reichsunmittelbar war, hielten nach Rudolf von Habsburg auch die Könige Adolf von Nassau (1292–1298), Albrecht I. von Habsburg (1298–1308) und Friedrich der Schöne von Habsburg (1314–1322) in der Grüninger Reichsburg Hof. Unter König Adolf wurde dessen Schwager Graf Heinrich von Isenburg von 1292 bis 1298 Reichssturmfähnrich, Landvogt von Niederschwaben und wohl auch Reichsvogt auf der Grüninger Burg.
Dessen Nachfolger wurde unter König Albrecht der streitbare Graf Eberhard I. von Württemberg, dem Albrecht 1301 zudem die Reichsstadt für 12.000 Pfund Heller verpfändet hatte. Graf Eberhard war zum Missfallen ihrer Bürger sehr bestrebt, die Reichsstadt wieder ganz in württembergische Hand zu bekommen. 1304 konnte die Bürgerschaft erreichen, dass Albrecht ihr die Hohe Gerichtsbarkeit garantierte. Als König und Graf wegen Interessenskonflikten in Schwaben 1305 aneinandergerieten, zog sich der im Feld unterlegene Eberhard ins stark befestigte Grüningen zurück, wo ihn König Albrecht einen Monat lang vergeblich belagerte und wegen des Wintereinbruchs schließlich abziehen musste. Nachdem Albrechts Nachfolger Heinrich VII. dem Grafen Eberhard 1310 den Krieg erklärt hatte und mit einer großen Übermacht vor die Stadt kam, öffnete diese die Tore. Darauf erhielt sie die volle Souveränität als Reichsstadt zurück und schloss sich mit der Reichsstadt Esslingen zu einer Eidgenossenschaft gegen den keine Ruhe gebenden Württemberger zusammen. Dabei soll auch die Burg auf dem Asperg in Grüninger Hände gekommen sein.
Nach der Niederlage des Gegenkönigs Friedrichs von Habsburg gegen König Ludwig, den Bayern, konnte Ludwig 1322 das zuvor in Habsburger Hand befindliche Reichssturmfahnlehen „angesichts seiner Dienste für König und Reich sowie als Bannerträger in seinem siegreichen Kampf“ an seinen fränkischen Heerführer Konrad II. von Schlüsselberg vergeben: Konrad, der sich fortan „von Schlüsselberg zu Grüningen“ nannte, erhielt damit „Burg und Stadt Grüningen mit allen Rechten und Lehen, Patronat und Gerichtsbarkeit, Dörfern, Weiden, Wäldern, Gewässern und Wasserläufen, Leuten und Vasallen, Einkünften und Zubehör zu rechtem und ewigem Lehen“. In der dafür ausgefertigten Urkunde befahl der König „allen zur Stadt und Burg gehörenden Leuten und Vasallen, Konrad und dessen Erben die genannten Rechte in vollem Umfang zu übergeben und ihnen gehorsam zu sein“.
Größeres politisches Gewicht im niederschwäbischen Raum erlangte unter König Ludwig allerdings Graf Ulrich III. von Württemberg. Als dessen Landvogt brachte er König Ludwig schließlich dazu, auf Konrad von Schlüsselberg einzuwirken, dass dieser 1336 das Grüninger Reichslehen gegen Entschädigung an ihn abtrat. Von König Ludwig als Erblehen übertragen, gelangten die Württemberger Grafen somit erneut und diesmal endgültig in den Besitz von Burg und Stadt Grüningen mitsamt der Reichssturmfahne, die sie ab 1495 auch als Herzöge in ihr viergeteiltes Wappen mit den Herrschaften Württemberg, Teck, Grüningen und Mömpelgard übernahmen. Den Nebentitel eines Grafen von Grüningen führte selbst noch der 1806 von Napoleon zum König beförderte Friedrich I. von Württemberg, der zuvor als „Erzbannerführer” zum Kurfürsten erhoben worden war und die Reichssturmfahne in das Herzschild seines Wappens übernommen hatte.
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Die grüne Diözesangrenze zwischen den Bistümern Speyer und Konstanz folgt weitgehend dem fränkisch-alamannischen „Limes” (500-746)
Bild: Peter Fendrich, Vorlage: F. X. Glasschröder
Graf Kunibert stiftet Güter in Hochdorf, Grüningen, Vaihingen etc. an Kloster Fulda
Ausschnitt aus Codex Eberhardi 2, K 426, Bl. 58
Die Grafen Hartmann II. und Hartmann III. von Grüningen ließen die Bartholomäuskirche im gotischen Stil neu errichten
Bild: Peter Fendrich
Im Zentrum der Trias am Figurenkapitell ist vermutlich einer der Kirchenstifter dargestellt
Bild: Peter Fendrich
Grabdeckel von Graf Hartmann III. von Grüningen in der Bartholomäuskirche († 1280)
Bild: Peter Fendrich
Im Pfarrhaus stecken noch Relikte eines Steinhauses, laut Crusius „das Schloss der alten Grafen” von Grüningen
Bild: Peter Fendrich
Das Heilig-Geist-Spital sei im 13. Jh. von Vorfahren Herzog Christophs gegründet worden
Bild: Grüninger, Wikimedia
Mittelbau des Schlosses (vor 1900): der vermutlich im 13. Jh. erstellte Palas der Burg
Bildautor unbekannt, Quelle: H. Fendrich
Banner des Heiligen Römischen Reichs und Wappen der Grafen von Grüningen und Württemberg (zum Erzbannerstreit mit Braunschweig 1695 zusammengestellt)
Bild: Förster, Quelle: Uni Göttingen
Stadtgeschichte von 500 bis 1336
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